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DAS GOETHEANUM AUF ELEUTHERA - griechisch 'die Freie'

Der Ort der bahamaischen Insel Eleuthera lässt Dich im Kunststil Christos das Goetheanum neu wahrnehmen. Hinter dem sinnlichen Gleichnis verhüllt die scheinbare Einheit zwei unterschiedliche Wege und Meerestiefen. Dabei hoffen wir alle, "ob das Meer an dieser Stelle wohl den Boden für eine noch keimkräftigere Zukunft bereitet"?

Das Bild steht sinnbildlich für die Öffnung der Menschheit in die Zukunft ihrer emotional-spirituellen Intelligenz. Eine Öffnung, die 1912 mit der Trennung von Theosophie und Anthroposophie begann, aber zugleich eine Kluft zwischen westlicher und östlicher Geistigkeit hinterließ.

Wir haben heute im Westen an unzähligen Stellen die Kulturen Asiens aufgenommen. Was noch fehlt ist, dass wir den asiatischen "Spirit" noch mehr verinnerlichen. Denn wir müssen die Welt heute teilen. Und wenn wir das nicht schaffen, gehen wir unter. Das vom 14. Dalai Lama genannte "blosse Ich" kann die Welt nur vernichten. Denn wir haben die beiden anderen Ich-Formen weitgehend verloren. Ich enthülle sie Dir in dem Buch schrittweise, so klar, wie Du es wahrscheinlich noch nie in deinem Leben erfahren hast. Sonst hätte ich das Buch nicht schreiben dürfen. Denn es ist schon soviel darüber geschrieben worden. Da musst Du, liebe Leserin und lieber Leser am Ball bleiben. Denn wenn Du die Unterschiede nicht wirklich verstehst, gibt es in dem jetzigen Leben keinen neuen Zündimpuls mehr. Du musst Dir mindestens klar darüber werden, ob Du einen solchen Impuls in Deinem momentanen Leben auch nur annäherungsweise suchst. - Du kannst das Buch auch nur lesen, um meine These, dass Aristoteles, Thomas von Aquin und Rudolf Steiner das gleiche Individuum ist, zu widerlegen. Du wirst sehen, ich mache es Dir schwer!

Zehn Jahre nach Steiners Tod kommt der 14. Dalai Lama auf die Welt. Und machte in den vergangenen Jahrzehnten unserer westlichen Kultur von Asien aus umfassend bewusst, dass die emotional-spirituelle Intelligenzentwicklung in jeder Hinsicht frisch lebendig und auch wirklich für jede Frau und jeden Mann im Westen geistig anziehend und attraktiv ist. Entsprechend kann die Menschheit heute allein auf demokratischer Basis einen sicheren Weg in die Zukunft finden. Es kann natürlich auch gute Autokratien geben - aber sie dürfen ihr Rechts-System nicht aushebeln oder ganz abschaffen wollen.

Machen wir uns hier keine Illusionen. Die Menschheit arbeitet heute global gegeneinander-miteinander und national miteinander-gegeneinander. Das verkraftet der Planet nur eine bestimmte Zeit lang. In der Zukunft erleben wir dann von Jahr zu Jahr größere Überraschungen - wie es niemand wollte. Es hat im 20. Jahrhundert angefangen. Und steigert sich im 21. Jahrhundert von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Wir stehen heute genau an dieser Grenze, den alten, männlich inspirierten Schachspielgeist von Intelligenz und Macht, von Intellekt und Praxisumsetzung, von Unbeweglichkeit im Kopf und Überbeweglichkeit im Fortpflanzungs-Pol zu überwinden. Das heißt ausschließlich, dass Menschheitsschicksalsspieler, wie Xi Jinping, Trump und Putin auf der globalen Ebene mehr FÜREINANDER tun müssen, als sie es im Moment realisieren. Die demokratische EU ist längst zum Spielball geworden. Und im Jahr 2025 gerade dabei, wieder ein bisschen aufzuwachen. Wenn die großen Räderwerke weiterhin auf der Ebene eines "großen dummen Tieres" arbeiten, haben wir jetzt schon verloren.

Der Künstler Christo hat über 20 Jahre darum gekämpft den Deutschen Reichstag verpacken zu dürfen. Was glaubst Du, wie lange hätte ich in Dornach kämpfen müssen?

Nun - wenn wir uns jetzt auf meiner Homepage das "verpackte Goetheanum" neu ansehen, bleibt unbedingt länger beim Bild, wenn Ihr spontan inspiriert seid - lasst die inneren Erlebnisse sich frei entfalten und schaut den Text vielleicht erst morgen an! --- Du kannst natürlich, wenn Du in meine Verpackungs- und Entpackungskunst einsteigen willst, nicht erwarten, dass wir auf der Liegewiese Facebook oder in anderen schnelllebigen Medien uns kurz bunte Seifenblasen einander zu blasen - und uns die Zeit miteinander vertreiben. Die folgenden Ausführungen bereichern Dich hoffentlich mit weiteren Geschenken. Jetzt lade ich Dich sehr herzlich in meine Arbeitswerkstatt ein!

DAS ANTHROPOSOPHISCHE BUDDHISMUS-VERSTÄNDNIS

Die Broschüre "Steiner 100" stellt Rudolf Steiners Denken insgesamt positiv dar. Das ist gewöhnliche PR-Arbeit für die Öffentlichkeit und ist auch ok so! Dennoch kommt man dem eigentlichen Phänomen so nie auf den Grund. Denn man übergeht, dass man die Anthroposophie Rudolf Steiners nur versteht, wenn man die im Hintergrund wirkende Reinkarnationslinie Rudolf Steiners durchschaut. Hier gibt es zwei Hauptlinien: Der in Rudolf Steiner wieder verkörperte Aristoteles verarbeitete die wichtigsten Philosophen der klassisch-idealistischen Geistesepoche und wendete sich im naturwissenschaftlich orientierten Zeitgeist Goethes spiritueller Naturwissenschaft zu. Diese von außen auf den Studenten zugekommene Aufgabe kann man nur begrüßen. Hier verarbeitete Steiner mit überaus vielseitigen, fruchtbaren Zukunftsimpulsen seine eigene Zeit. Dagegen vereinnahmte der in Rudolf Steiner wieder verkörperte Thomas von Aquin wichtigste asiatische Trägerinstanzen, wie Krishna und Buddha für seine neue esoterische Christologie, als Vorbereiter der Inkarnation Christi. Und stellte, trotz gegenteiliger Beteuerungen und positiv geäußerten Absichten in anderen Vorträgen, dennoch durch eine ganze Anzahl abwertend diskriminierender Vortragsäußerungen den christlichen Geistesimpuls höher, als den asiatischen. Das sind die beiden entscheidenden Gesichtspunkte, die wir ungeschminkt anschauen können, wenn wir das Gesamtphänomen umfassend transparent machen wollen.

Wenn die Herausgeber dieser Broschüre zu diesem Anlass mit "einigen diskriminierenden Äußerungen" beschwichtigend relativieren, dass Steiner in seiner Zeit "wider seinen Willen zum Guru" gemacht wurde, ist das ein frommer Wunsch, der nicht der Wirklichkeit entspricht. Denn Steiner hatte seine Geisteswissenschaft immer wieder zum alleinigen Maßstab gemacht, in die reale Wirklichkeit tiefer eindringen zu können. Der andere wichtige Punkt ist, dass er sich von seinem "Meister" hatte "überzeugen" lassen, eine "Theosophie" (Gottesweisheit), im Abendland zu verbreiten (an Marie von Sievers,1905). Sonst hätte er nach eigenem Bekunden "auch nach 1901 nur philosophische Bücher geschrieben und literarisch und philosophisch gesprochen". Als direkte Fortsetzung der philosophischen Theologie Thomas von Aquins ist die geisteswissenschaftlich-esoterisch inspirierte Christologie Rudolf Steiners erneut eine absolutistische Christologie. Insgesamt ergibt sich ein ambivalentes Gesamtbild. Zentrale Aussagen Steiners spalteten die Ost-West-Spannung von Anfang an in zwei getrennte Welten. Gleichzeitig wertete Steiner die asiatische Geistesentwicklung immer wieder kategorisch ab, anstatt konstruktiv zu integrieren.

Steiner betonte stets die Prüf- und Irrtumsfähigkeit seiner Geisteswissenschaft. Noch in einem Interview von 1987 in der anthroposophischen "Zeitschrift Info 3 - Extra 3" erklärte der Philosoph Herbert Witzenmann (Schüler Karl Jaspers und Rudolf Steiners) übereinstimmend mit Rudolf Steiner, dass "der Osten keine verstehbare Reinkarnationslehre" kenne. "Nichts" sei in "zusammenhängenden Begründungen durchgeführt". Die östlichen Überlieferungen beschrieben einen "Weg der Entindividualisierung". Entsprechend der Bedeutung ihrer beiden Urheber für die anthroposophische Geisteswissenschaft und Esoterik ist diese Gesinnung nach wie vor in weiten Teilen der anthroposophischen Bewegung verbreitet.

Steiner erkannte in seiner alltäglichen Geistesforschung Siddhārtha Gautama, den historischen Buddha, einerseits als "Inspiratoren seiner Geisteswissenschaft", andererseits habe der buddhistische "Ich-Begriff" seine "Form verloren". Ja, er unterstellte den ehemaligen zum Buddha aufgestiegenen Bodhisattva (in der westl. Terminologie die Engel-Stufe) der Führung des noch immer im weltlichen Daseinskreislauf sich entwickelnden Bodhisattva Christian Rosenkreuz, dem Begründer der Rosenkreuzer. Dieser habe Buddha seit dem "Jahr 1604" angewiesen, in der nachtodlichen Sphäre auf dem Planeten Mars die Menschheit heilsam zu befrieden.
Man stelle sich noch einmal konkret vor, welches Asien- und Buddhismus-Bild die anthroposophische Geisteswissenschaft in Steiners christologischem Gesamtwerk, auch nach über 100 Jahren in der Weltöffentlichkeit hinterlässt. Steiner hielt Vorträge, in denen er dem Buddhismus generaliter "Kopfweisheit" vorwarf: "Der Maitreya-Bodhisattva wird (in 3000 Jahren) auf der Erde die Saat des Christus vorfinden. Dann werden die Menschen sagen, ich habe nicht nur die Weisheit von der Liebe. Nicht nur mein Kopf ist angefüllt mit der Weisheit des "achtgliedrigen Pfades"..." (R.ST. "Das Lukas - Evangelium", GA 114, Vortrag vom 25.9.1909). In einem anderen Vortrag hören wir: "Etwas hat der Buddhismus nicht und das zeigt die exoterische Lehre. Er hat das nicht in sich, das man einen Impuls nennen kann, der so stark ist, dass er immer vollkommener in uns werden kann...(R.St. "Das Ereignis der Christus - Erscheinung in der ätherischen Welt", GA 118, Vortrag vom 15.5.1910).

Steiner beurteilte die "Weltbetrachtung im Morgenland" generell als "unhistorisch", bekundete in anderen Vorträgen, man brauche „keine orientalische Weisheit“, stempelte Buddhisten mit einem minderwertigen "Ich-Begriff" zu sekundären Individuen, unterstellte ihren Begründer westlich-esoterischer Oberaufsicht und überging dabei gleichzeitig eine 2000 Jahre alte Geistesgeschichte im Mahāyāna-Buddhismus; in der Mönche, Nonnen und Laien seit dem 1. Jahrhundert vor Christus nicht "Kopfweisheit" transportieren (siehe Steiners "Lukas-Evangelium" 9. Vortrag), sondern mit dem neuen Bodhisattva-Ideal der ganzen Welt zeitlos "wirkkräftige" Reinkarnationsversprechen vorleben.

Weil ein Zeitgenosse, der sich mit Steiners Anthroposophie, Christengemeinschaft und esoterischer Geisteswissenschaft verbunden fühlt, all diese Aussagen in ihrem Gesamtzusammenhang nicht gründlich studiert hat und meine Mitteilungen wohl zunächst nicht einmal für möglich hält, zitiere ich abschließend eine Stelle, in der Rudolf Steiner zuallerletzt den historischen Buddha von den von ihm begründeten traditionellen Geistesströmungen trennte. Womit mit Sicherheit kein Buddhist auf dieser Welt einverstanden ist: "Hier auf der Erde können die Menschen nur Schüler des Buddha sein, wenn sie nicht mitwollen mit dem fortgeschrittenen (christlichen) Teil der Erdbevölkerung" (R. St. "Das Leben zwischen Tod und neuer Geburt im Verhältnis zu den kosmischen Tatsachen", Vortrag vom 14.1. 1913). Dass die neue esoterische Christologie die "zweite Drehung" des buddhistischen Dharma-Rades (Rad der Lehre) seit dem 1. Jahrhundert vor Christus vollständig unberücksichtigt gelassen hatte, wiegt schwer – denn gerade der Mahāyāna betont seit über 2000 Jahren die bewusste Rückkehr ins irdische Dasein, um allen Menschen auf der Welt zeitlos Entwicklungshilfe anzubieten. Statt dessen kritisierte Steiner durchgehend das buddhistische Erleuchtungsstreben als "Fliehen-Wollen" von der Erde - für den weltlichen "Fortschritt unbrauchbar". Das "echte Buddha-Element" könne Buddha den Seelen "nur" in der nachtodlichen Zeit zwischen Tod und Geburt vermitteln. Gleichzeitig fehlt in acht anthroposophischen Nachschlagewerken jeglicher Bezug zu diesem Strang der "zweiten Drehung" des buddhistischen Dharma-Rades. Eine geistige Engführung mit weitreichenden Folgen.

INDOLOGISCHE RICHTIGSTELLUNG

Im 3. Vortrag seines "Lukas–Evangeliums" beschreibt Steiner fast alle Einzelstufen aus dem 12-gliedrigen Entwicklungszyklus Buddhas im richtigen, originalen Sinn. An drei wichtigen Stellen greifen bereits Steiners früheste Auslegungen des originalen Pali-Textes nicht tief genug. So dass man die drei Wiederverkörperungsexistenzen auf diese Weise nicht erkennen kann. In der Tat enthält Buddhas 12-gliedriger Reinkarnationszyklus drei in fortschreitender Verdunklung sich entwickelnde Reinkarnationsentwicklungen (siehe dazu H.W. Schumann, "Der Buddha erklärt sei System", S.47). Rudolf Steiner hatte interessanter Weise gerade diesen Zusammenhang nicht tiefer durchschaut, sondern beschrieb die absteigende geschichtliche Entwicklung in den vier Evolutions-Zyklen des Krita-Treta-Dvapara- und Kali-Yugas vorwiegend von der Veränderung des westlichen Denkbewusstseins aus. Dabei legte er die typisch aristotelische Gliederung der verschiedenen Schichten von weltlichen Seins-Bedingungen und den sich mit der Welt verwandelnden menschlichen Energiekörpern zugrunde (siehe z.B. die "Leitsätze" ab Leitsatz 103). - Ganz zu schweigen von der ebenfalls unwissenschaftlich generalisierenden Vorstellung, dass die östlichen Überlieferungen einen Weg der "Entindividualisierung" beschreiben würden.

Zunächst entdeckt man bei näherem Studium, warum Steiner dem Buddhismus einen "Formverlust" in dessen "Ich–Begriff" unterstellte. Weiter, dass der Ich-Begriff zwar die "karmischen Resultate" in den Persönlichkeitsmerkmalen zusammenfasst (buddh. "Khandhas", von diesen die "Willensregungen" in Form der 2. Bedeutung von "Geistesregungen" ("sankhāra"), die "Tatabsichten" mit insgesamt vier verschiedenen Bedeutungen, ebd. S.95), dass aber das Ich selbst nur "eine Maja der gegenwärtigen Reinkarnation" sei. Dabei hatte Rudolf Steiner den entscheidenden Begriff der "Tatabsichten" in dem originalen Pali-Text nur mit dem allgemeinen Begriff "organisierende Tendenzen" und später "inneres Denkorgan" zusammengefasst - und damit den entscheidenden Gesichtspunkt ausgeblendet. Nämlich dass "Geistesregungen" ("sankhāra") vor dem Ich - Begriff "nāma-rūpa" liegen (die 4. Voraussetzung) und "Motive" und "Vorsätze" beinhalten, die nur von dem menschlichen Ich "vor dem Denken", nicht aber von der "Maja" des "bloß gespiegelten Ich", "nach dem Denken", stammen können. Statt zu charakterisieren, wo der genaue Unterschied in der "Form" des "Ich-Bewusstseins" zwischen Ost und West liegt, wertete Steiner ab.

Verarbeitet man in diesem Zusammenhang auch die neuen Schriften des 14. Dalai Lama (er besitzt den höchsten philosophischen Doktorgrad, “Geshe Lharamapa“,für alle buddhistischen Lehrschulen) über den heutigen Ich-Begriff im Mahāyāna–Buddhismus, erkennt man in der Tat, dass Steiner diesen Ich-Begriff nicht wissenschaftlich korrekt, in immanent kritischer Weise ausgelegt hatte. Wenn man die Texte eingehender studiert, kann man den buddhistischen Ich-Begriff insgesamt auf keinen Fall sekundär werten. Das ist vollkommen ausgeschlossen. Denn zunächst einmal hat keine Geistesströmung im Buddhismus je die Wirklichkeit des "empirischen Ichs" der menschlichen Persönlichkeit bestritten. Auch in Bezug auf das Ziel der Entwicklung will ausschließlich die Vaibhasika-Schule aus dem Theravada-System mit dem Erreichen der Buddhaschaft auch die Fortsetzung des menschlichen Ichs beenden. Der in Rede stehende Ich-Begriff konnte also auch keine "Maja" in der aktuellen gegenwärtigen Ich-Wahrnehmung von Buddhisten gewesen sein, wie es sich Nichtfachleute im Westen vielleicht heute noch immer vorstellen. Damit überging die anthroposophische Esoterik die Details der buddhistischen Ich-Philosophie und wertete gerade auf der Ebene ihrer esoterischen Christologie traditionelle Buddhisten kategorisch zu sekundären Individuen ab. Wie hätte Rudolf Steiner auch die christliche Überlegenheit über Asien noch begründen können, wenn er darauf aufmerksam gemacht hätte, dass das Bodhisattva-Ideal einer neuen, weltlichen Verbindung des Buddhismus mit dem irdischen Daseinskreislauf bereits im 1. Jahrhundert vor Christus "ausgereift" war. In diesem hatte man die beiden 1. und 8. geistigen Stufen der "rechten Vorstellung" und der "rechten Meditation" in zwei neue Willenstugenden, die Freigebigkeit (dāna) und das Reinkarnationsversprechen (pranidhāna), weiterentwickelt.

Wir können an dieser Stelle nicht näher auf die Pāli-Terminologie eingehen, welche die Pāli-Übersetzer im frühen 20. Jahrhundert noch im Nebel stehend interpretiert hatten. Dennoch geht, anknüpfend an den klassischen Hinduismus, aus den Texten klar hervor, dass der historische Buddha (563-483 v. Chr., nach ceylonesischen Quellen 115 Jahre später) sowohl die beiden Einseitigkeiten einer "ewigen Seele" (diese Vorstellung hatte Buddha abgelehnt), als auch die "Vernichtung" der Individualität vermeiden wollte und so einen neuen, "mittleren Weg", begründete (ebd. S.53). Hier liegt für Europäer die Quelle der spirituellen Anziehung - eine tiefe innere Verwandtschaft zwischen allen drei Geistesströmungen. Der Hinduismus bewahrt das jenseitige, transzendente Ich als "ewiges, absolutes, unsterbliches "Atman-Selbst", der Buddhismus führte das individuelle, diesseitige, transzendentale Ich ein. Dieses Ich kann sich ohne die 3. Bedingung von "sankhāra" (geistige "Tatabsichten") nicht benennen (die 4. Bedingung "nāma-rūpa") und beurteilen. Entsprechend legt der 14. Dalai Lama im Hinblick auf die Persönlichkeitsmerkmale einen Wert auf die beiden Khandhas der "Form" und der "Bewertung". Hier präzisiert er noch einmal klar, indem er von dem "Kontinuum" des gleichen "bloßen Ich" und seinem "geistigen Fortschritt" spricht: "Es gibt ein bloßes Ich, ein bloßes Selbst in Bezug zu dem man die Begriffe 'mein vorheriges Leben' und 'mein zukünftiges Leben' gebrauchen kann. Das "bloße Ich" existierte im vorherigen Leben und es wird im nächsten Leben existieren, das Ich von gestern, das Ich von heute und das Ich von morgen ist dasselbe Ich" (Dalai Lama: "Die Buddha-Natur", S. 77). Im gedachten Denken überwiegt in gewisser Weise der "Formanteil". In der westlichen Ich-Kultur, die sich in Form von bewusst wahrgenommener und erlebter Selbstidentifikation mittels "gedanklicher Kombination" und "begrifflicher Beifügung" beurteilt und benennt, dominiert die Oberfläche eines aus dem Denken geformten "Ich-Bewusstseins". Ich nenne das vorwiegend gedachte "Ich-Bewusstsein" in der Rubrik ANGEBOTE, das "vor dem Spiegel stehende Ich". Das sich im gewöhnlichen Bewusstsein über die drei unteren Spiegel-Anlagen meistens traumhaft und halbbewusst wahrnimmt. Erst hinter diesem Ich-Bewusstsein liegt in den Persönlichkeitsmerkmalen, die Aufgabe der eigentlichen seelisch-geistigen Transformation.

Steiner kritisierte negativ, von was der Buddhismus positiv ausgeht. Nämlich von einer Formkontinuität des "bloßen Ichs". Das sich nicht nur im gewöhnlichen Bewusstsein, sondern wie es Kant in der wissenschaftlichen Philosophie exerziert hatte, primär auf das gedachte Denken stützt: Nach Kant erkennen die begrifflichen Kategorien nicht das menschliche Ich, sondern das menschliche Ich erkennt sich selbst durch die Kategorien. Diese erscheinen als intellektuelle "Formen" der "regulativen Vernunft". Auch bei ihm ist das "ich denke" eine Vorstellung des "transzendentalen Subjekts", das sich selbst im gewöhnlichen Bewusstsein zunächst als " reine Form der Vorstellung" erkennen kann. Dieses Ich ist im Buddhismus ein "bloßes Ich". Weil es sich primär vom Ende des Denkprozesses (vom äußeren Spiegelbild aus) realisiert. Selbst in der "intellektuellen Anschauung" zeigte Kant nicht, wie wir über die bloß äußere "Form der Vorstellung" hinaus, die gesamte Einheit des Ichs lebendig erfassen können. Rudolf Steiner hatte dieses lebendige, dreifache Ich in seinem Vortrag "Philosophie und Anthroposophie" klar beschrieben. Das entscheidende im Buddhismus ist, dass das "bloße Ich" sowohl im natürlichen, "geistigen Entwicklungsfortschritt" jedes Individuums, als auch im höheren, intellektuellen Bewusstsein noch "leer" von "unabhängiger Eigenexistenz" ist! Mit dieser Auffassung deutet der Dalai Lama auf das transzendente, jenseitige Ich, in dem die Buddhaschaft verwirklicht ist - und betont: "Es ist sehr wichtig zu wissen, dass die Individualität auf jeder Ebene gilt" (Dalai Lama: "Die Buddha-Natur" - Tod und Unsterblichkeit im Buddhismus, S. 51).

Steiner hatte in diesem Zusammenhang zum Beispiel anhand der Reinkarnationslinie von Papst Gregor VII. (1020-1085 n.Chr.) zu Ernst Haeckel (1843-1919) die tiefgreifende Ambivalenz des dunklen, unbewussten Ich-Willens klar beschrieben. Das in Rede stehende Individuum wirkte in seiner geistigen Entwicklung als "heiliger Satan" und als "Zuchtrute Gottes" in der abendländischen Geistesgeschichte. Gregor VII. war Vorreiter der Inquisition. In seiner Inkarnation als Erst Haeckel setzte sich das gleiche Individuum für eine wesenlose Gleichsetzung von Materie und Geist ein - und wollte jetzt genauso stringent den Religionsunterricht in Deutschland abschaffen. Dagegen hatte Buddha anhand seines 12-gliedrigen Reinkarnationszyklus bereits in der Zeit vor Christus erkannt, dass sich das menschliche Bewusstsein in Form von drei unterschiedliche Reinkarnationsbedingungen, schrittweise in Richtung physische Welt verdunkelt. Damit hatte Buddha eine erste Wechselschau der Realisierung von Immanenz und Transzendenz im bewusstseinsseelischen Reinkarnationsbewusstsein vollzogen. Die allgemeinen Reinkarnationsbedingungen weisen drei fundamental verschiedene Geisteszustände auf: Einen ersten rein geistigen, aber bereits voll individualisierten Zustand, vor der Entwicklung des Ich-Bewusstseins. Einen zweiten und dritten der das Ich - Bewusstseins in den Aufbau der Körperorganisation hineinführt und durch den Körper die Außenwelt berührt. Und das Ich-Bewusstsein auf der Basis der geschaffenen Körperorganisation zunehmend verdichtet. Und schließlich den letzten Zustand, in dem das Ich-Bewusstsein vollständig vom physischen Körper verschlungen ist. Geht dieser zugrunde, verlöscht für viele Materialisten in der heutigen Zeit auch das Ich-Bewusstsein als Eintagsfliege in der Unendlichkeit des Universums.
Zunächst beurteilten nicht nur die frühen Pali-Übersetzer im 20. Jahrhundert, sondern auch die beiden bedeutendsten Geisteswissenschaftler der Anthroposophie den buddhistischen Ich-Begriff primär vom europäischen Standpunkt aus. Auch die anthroposophischen Asienforschung offenbart in diesem Zusammenhang keine "immanent kritische" Wissenschaftsgesinnung, sondern gibt einer Tendenzwissenschaft mit Vorurteilen, wie "alte Wege" und "instinktives Bewusstsein", freien Raum.

Der Westen strebte seit dem Bekanntwerden von Schriften wie der "Bhagavad Gītā" (Goethe entdeckte ihren geistigen Gehalt im Jahr 1824) danach, von dem gewöhnlichen westlichen Ich-Verständnis aus zu seinen beiden Urquellen einen neuen spirituellen Zugang zu finden. Auch der Buddhismus - Forscher Edward Conze beschrieb in diesem Zusammenhang einen sich in drei Stufen vollziehenden, weltweit zu beobachtenden Niedergang der geistigen Substanz. Zweifellos führt der enorme technische Fortschritt in der heutigen Zeit weiterhin dazu, dass sich die pluralistische Form des menschlichen Bewusstseins ("die Postmoderne") immer weiter ausbreitet. Obwohl die damalige Gesinnung Buddhas in der "ersten Drehung" des buddhistischen Dharma-Rades durchaus ein modernes, zukünftiges Streben vermittelte, welche das Interesse des Westens gerade bezüglich einer individualistischen Haltung gegenüber der menschlichen Geistesentwicklung überaus attraktiv erscheinen lässt, hinterließ selbst Rudolf Steiner sowohl in philosophischer, als auch in hellsichtig-esoterischer Beleuchtung dem europäischen Bewusstsein eine Vorstellung vom buddhistischen Ich-Begriff, die zweifellos nicht aus einer tieferen Verarbeitung der ursprünglichen Quellen stammt. Der 14. Dalai Lama würde heute nur milde lächeln, wenn er im Vortrags-Zyklus Steiners "Von Jesus zu Christus" liest, dass der Buddhismus die "Form" in seinem "Ich-Begriff" "verloren" habe. Er würde lachend fragen: "Welche Form, die europäische"? Ich gehe in meinem neuen Buch ausführlich auf die drei grundlegenden Ich - Qualitäten der menschlichen Geistesentwicklung ein.

SCHOLASTIK ODER INTEGRALE SPIRITUALITÄT?

Die daraus resultierende absolutistische Christologie Steiners trägt teilweise Züge einer modernisierten Scholastik, die weniger mit Goethes spirituellem Märchen-Vermächtnis, als mit Thomas von Aquins Systematik verwandt scheint. Diese stellt sich als geisteswissenschaftlich erweiterte Esoterik, genauso wie die Katholische Kirche, auch in der heutigen Zeit noch immer über alle Weltreligionen. Hören wir, wie Steiner sein Weltbild der neuen esoterischen Christologie formulierte: "Über Christus so zu sprechen, wie er der Führer ist in den aufeinanderfolgenden Welten auch für die höheren Hierarchien, das lehrt die Wissenschaft, die unter der Signatur des Rosenkreuzes (nach Steiner war Christian Rosenkreuz eine Wiederverkörperung Johannes des Evangelisten) seit dem 12./13. Jahrhundert in unsere Kultur eingetreten ist" (R. St. "Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit", GA 15). In der Tat, Rudolf Steiner hat der anthroposophischen Christologie unter vollständig neuen Bedingungen und Bedeutungen auf dem Gebäude der absolutistischen Christologie der Katholischen Kirche einen noch höheren esoterischen Gipfel errichtet. Allein aus Unwissenheit und Gewohnheit, nicht aus religiöser oder geisteswissenschaftlicher Perspektive ist der an Thomas von Aquin interessierte Teil der Katholischen Kirche bisher noch nicht in die anthroposophische Gesellschaft eingetreten. Ihr Lehrer ist tatsächlich die gleiche Individualität.

EUROPAS ORGANISCHE MITTE-KULTUR ENTWICKELT SICH“AN GOETHES MUTTERBRUST“

Ohne Goethes Ursprungsquelle, einer reinen, seelisch-künstlerisch und spirituell inspirierten Mittekultur wäre es für Rudolf Steiner nicht möglich gewesen, eine Anthroposophie in die Welt zu stellen. Rudolf Steiner "trank - wohlwissend wo die reichste Quelle sprudelt - 50 Jahre lang die so köstliche, wohl bekömmliche und nahrhafte goetheanistische Muttermilch". Dazu gibt es einen Vortrag, in dem Steiner die Gestalt des "Alten mit der Lampe" (die Weltweisheit) mit der "Religion" identifizierte. Und diese durch die neue geisteswissenschaftlich orientierte "Weisheit" der Anthroposophie in eine neue esoterische Christologie erweitern wollte. Diese Auslegung lag wohl nicht in der direkten Linie der universellen Konzeption des Goethe'schen Verständnisses von Weltweisheit, da der Begriff "Religion" demjenigen der "Weltweisheit" untergeordnet ist. Entsprechend sah Steiner in Goethes "Faust" dessen "Evangelium" und in dem "Märchen" von der "schönen Lilie" und der "grünen Schlange" dessen "Apokalypse". In diesem "Märchen" habe Goethe der Welt einen "neuen Impuls" von "Menschheitsverwandlung" mit einer "Neuauffassung des Mysteriums von Golgatha" hinterlassen. Ich stelle diesen überaus erhellenden "internen Vortrag" vom 8.1.1905, "Goethes Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie" von Goethe" in meinem neuen Buch näher vor.

In der Tat ist es eines der erstaunlichsten Ereignisse in der mitteleuropäischen Geistesgeschichte, dass Johann Wolfgang von Goethe für Rudolf Steiners Anthroposophie die zentrale Ursprungsquelle gewesen ist. Es ist wichtig zu erkennen, dass Steiners mitgebrachte Geistanlage zunächst in natürlich gegensätzlicher Form, zwischen Intellekt und Interesse am weltlichen Praxisvollzug, einseitig männlich geprägt war. Dagegen entfaltete sich Goethes vergeistigtes Gefühlsleben von Anfang an in der klassisch weiblich inspirierten Geist-Synthese. Diese geht stets vom Mittelpunkt des seelischen Erlebens aus und ergreift von da aus das Denken und Wollen. So konnte der hochbegabte Rudolf Steiner tatsächlich über Goethes spirituelle Naturwissenschaft wieder seine ehemalige Aristoteles-Inkarnation aktualisieren. Denn bereits Aristoteles hatte in typisch männlich geprägter Geiststruktur nicht nur die Wissenschaft der abendländischen Denktechnik, sondern auch eine der ersten naturwissenschaftlichen Forschungsgemeinschaften im Abendland gegründet.

Wenn der 14. Dalai Lama davon spricht, dass die Natur des Geistes "klares Licht" sei, erkennen auch wir hier im Westen sofort den Zusammenhang zwischen dem organischen Denken des Aristoteles, der einen Organismus nicht als Addition seiner Teile, sondern als Erscheinungsform eines höheren Ganzen erkannt hatte und Goethes Metamorposenlehre. Dazu enthält Steiners philosophisches Hauptwerk "Philosophie der Freiheit" wieder den gleichen aristotelischen Aufbau einer Konstitution der Welt und des Menschen in charakteristisch geschichteten Energiefeldern und unterschiedlichen Energiekörpern. Deshalb korrespondierte Steiner später wieder mit der asiatischen Sānkhya-Philosophie, welche bereits in der Zeit vor Buddha eine umfassende Lehre der menschlichen Energiekörper und ihrer verschiedenen Formanlagen ausgearbeitet hatte; die Steiner später „Wesensglieder“ nannte. Dagegen enthält sein esoterisches Hauptwerk "Die Geheimwissenschaft im Umriss" eine Staunen erregende Differenzierung und Weiterentwicklung der mittelalterlichen Hierarchien-Lehre Thomas von Aquins. In der sich in klassisch aristotelischer Weise der Form-Pol wieder weit über den Stoff-Pol hinaus erstreckte. Steiner bekundete einmal, dass er dieses Werk auch in 40 Bänden hätte niederschreiben können. Man stelle sich das vor! Ein noch gewaltigeres Hochgebirge esoterischer Begriffstechnik, gegenüber dem die klassisch-idealistische Epoche als darunter liegende Bergkette von Nebelschwaden umweht nur noch im geistigen Dunst liegen bleibt. Goethes "Märchen" sei noch einer der letzten Ausläufer von "Offenbarungsglaube und weltlicher Vernunft" gewesen. So konnte Steiner auch die neue esoterische Christologie wieder unmittelbar an seine Thomas von Aquin-Inkarnation im Mittelalter anknüpfen. Schließlich verarbeitete Steiner Goethes Einheit von Wissenschaft, Kunst und Religion auch auf dem Gebiet der Kunst. Indem er über das Kunstinteresse des Aristoteles und Thomas von Aquins hinausgehend, ebenfalls über Goethes "Märchen" dazu inspiriert wurde, das erste "Mysterien-Drama" im Abendland aufzuführen, das die Reinkarnationsidee konkret verarbeitete.

Ich darf an dieser Stelle noch einmal darauf aufmerksam machen, dass Steiner wohl der erste große Philosoph und Esoteriker im Abendland gewesen ist, der mit diesen beiden bedeutenden Inkarnationen im Hintergrund in der Lage gewesen ist, die Wirklichkeit Reinkarnation rein auf der praktischen Wirklichkeitsebene vorzuleben. Seine Biografie in den ersten 33 Jahren knüpft sowohl in der Philosophie als auch im Entwicklungsrhythmus nahtlos wieder an die ersten 33 Jahre der Biografie Thomas von Aquins im Mittelalter an. Dessen Biografie erschien damals noch in gemischter Form als "Philosophische Theologie". Steiner schuf daraus zwei 33-jährige Biografie-Verläufe. Als wieder verkörperter Aristoteles war er längst in der Lage, Geistes-, Naturwissenschaft und Esoterik sachgemäß zu trennen. Niemand konnte wohl ahnen, dass er der abendländischen Kultur tatsächlich den Unterschied von Mystik und Naturwissenschaft in zwei getrennten 33-jährigen Biografie-Verläufen in Raum und Zeit nicht in Vortragszyklen erklärte, sondern biografisch vorlebte. In der 33-jährigen exoterischen Biografie war er ein Philosoph in seiner Zeit. In der esoterischen Biografie spiegelt sich tatsächlich der 33-jährige Rhythmus der Biografie Christi mit allen vier zentralen Trägerinstanzen in exakt allen Einzelheiten wieder, wie sich nach seiner Hellsicht die Vorbereitung und die Inkarnation Christi in der Zeitwende ereignet hatte.

Damit haben wir erst die Basis dieses Geheimnisses gelüftet. Wir gehen der esoterischen Biografie-Anlage Steiners noch weiter auf den Grund und enthüllen das Geheimnis zwischen Rudolf Steiner und seinem eigenen Meister. Sie ahnen, warum die ganze Entwicklung nicht in breiter Inspirationswelle damals von ganz Mitteleuropa vorbehaltlos aufgenommen werden konnte? Was konnte es interessanteres geben, als im eigenen Denken mit vollziehen zu können, dass sich in Rudolf Steiner tatsächlich der gleiche Geist des Aristoteles und Thomas von Aquins wieder verkörpert hat? Man hätte ja nur ein bisschen tiefer schürfen können! Im weltlichen Philosophiebetrieb hatte die Philosophie Kants im menschlichen Intellekt scheinbar unüberschreitbare Erkenntnisgrenzen festgestellt. Von da an war die allgemeine Geistesentwicklung auf das normale Denken in der Verstandes-Gemütsseele angewiesen. Somit konnte eine moderne praktisch orientierte Kultur von einer undurchdringbaren philosophisch-esoterischen Weltanschauung nur Abstand nehmen. Gleichzeitig entfaltete Rudolf Steiner persönlich eine unbekannte, aber eindeutig erkennbare, atemberaubende Entwicklung, die bis heute noch nicht aufgearbeitet ist.

Das ist bei Rudolf Steiner das entscheidend Neue. Dass die Kant'sche Forderung, man möge sich der menschlichen Erkenntnisgrenzen bewusst werden, Jahrzehnte später einem ungeahnten Praxisfortschritt auf einer tieferen Wirklichkeitsebene freien Raum gab! Steiner erfüllte Goethes Glauben, dass das "wahrhafte Genie aus dem Unterbewussten" wirke, nicht in der Kunst, aber in der Esoterik! Nur auf diesem Gebiet konnte Steiner Goethe wirklich überflügeln! Während seine Zeit die esoterische Weltanschauung der Anthroposophie ablehnte, entwickelte sich in der Tiefe eine Reinkarnationslinie, die uns erhellt, dass sich in Rudolf Steiner tatsächlich zwei bedeutende Geistesepochen der abendländischen Geistesentwicklung wiedervereinigten. Ich bemühe mich, dieses Phänomen detailliert und umfassend zu enthüllen. - Ein überaus großes geistiges Geschenk an die christliche Kultur Mitteleuropas. Wenn diese Kultur heute vielleicht mehr, als vor 130 Jahren, dazu bereit ist, auch die Wirklichkeit Reinkarnation in den Zeitgeist zu integrieren, könnte Europas heutige Neuorientierung an seinen inneren Werten in ihrem Selbst- und Weltbewusstsein eine neue spirituelle Kraft entfalten. Vergessen wir nicht, Persönlichkeiten wie Goethe, Schiller und Novalis waren vollständig sicher, dass Reinkarnation eine Wirklichkeit ist. Wir können heute nicht mehr, wie Wladimir Putin Krieg in Europa führen - ohne dass dies weitreichende Konsequenzen für unsere darauf folgenden Erdenleben hat.

Hinter dem philosophischen Hauptwerk der "Philosophie der Freiheit" scheint der in Rudolf Steiner wieder verkörperte Aristoteles hindurch. Hinter dem esoterischen Hauptwerk "Die Geheimwissenschaft im Umriss" der in Rudolf Steiner wieder verkörperte Thomas von Aquin. Mit diesem Fundus der inzwischen verarbeiteten wissenschaftlichen Denktechnik des Aristoteles und der im gleichen Geist verwirklichten christologischen Fragenfabrik Thomas von Aquins hatte Steiner mit den Worten des Philosophen Eduard von Hartmann seiner Zeit einen neuen "philosophischen Realismus" begründet. Und auf dem Gebiet der Wiederverkörperung des gleichen Geistes den großen Abstand Europas zu Asien endlich aufgeholt. Rudolf Steiner hatte tatsächlich Kants neue Richtung in die weltliche Denk- und Handlungspraxis umfassend erfüllt - während seine Zeit sich noch im geistigen Tiefschlaf befand.

In diesem Zusammenhang wird eine weitere, bedeutende Seite von Steiners Biografie transparent. Durch Goethes universalästhetischen Geist wuchsen dem nicht zum Künstler geborenen Rudolf Steiner nicht nur am ehemalig hellhörenden Ohr Thomas von Aquins "die Taubenflügel des Heiligen Geistes", sondern es entfalteten sich ihm nun auch aus tiefstem Herzensanliegen neue Flügel zu umfassender künstlerischer Kreativität. Ich kenne keinen Philosophen und Esoteriker, der sich in der europäischen Geistesentwicklung, so umfassend engagiert mit Kunst beschäftigt hat. Bereits an dieser Tatsache kann man an den Früchten erkennen, wessen Geistes Kind jemand ist. In diesem ganzheitlichen, aber in Wahrheit echtem schöpferischen Verwirklichen (ein traditioneller Physiker und Kantianer, den ich kennen lernte, kann in der heutigen Zeit den Begriff "ganzheitlich" nicht mehr hören), hatte Steiner auch Schillers dreigliedrige Seelenanlage vom Menschen, den "Form-Trieb" (Denken), "Stoff-Trieb" (Wollen) und den mittleren "Spiel-Trieb" des erlebenden Fühlens im künstlerischen und spirituellen Gestalten umfassend verwirklicht.

Ein wieder verkörperter Aristoteles konnte sich in seiner Zeit niemals alleine mit Kunst beschäftigen, ohne gleichzeitig auch in der Öffentlichkeit der Kunst in der Waldorfpädagogik wieder den ihr gebührenden Raum einzuräumen. Genauso wie ein wieder verkörperter Thomas von Aquin nicht nur in visionär-esoterischer Anschauung lebte, sondern eines Tages kamen 45 Priester und fragen ihn, ob er nicht die konfessionellen christlichen Strömungen durch die Anthroposophie vertiefen könne. Mein Großvater war damals mit dabei. Steiner sei bei dieser Frage "bleich geworden". Mit 44 Jahren erklärte er seiner Frau Marie von Sivers, dass wenn sein "Meister" ihn nicht überredet hätte, er weiterhin nur "philosophisch und literarisch" gearbeitet hätte. Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir tiefer In Steiners biografische Entwicklung eindringen wollen. Die neue esoterische Christologie lag zunächst überhaupt nicht in seinem persönlichen Lebensmotiv.

Hier liegt ein Geheimnis vor, das Steiner in einem Brief mit den Worten andeutete, dass er darüber "schweigen müsse" (R.ST. "Briefe II", Brief vom November 1890). Aus der gleichen Quelle pflegte Rudolf Steiner ein äußerst stringentes Verhältnis zu seinen esoterischen Schülerinnen und Schülern: "Wer immer aus "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten" auch nur eine einzige Zeile gelesen hat, den muss ich durch alle folgenden Erdenleben begleiten, um ihm weiterhin zu helfen. Dies ist die Regel, an die ich mich halten muss" ("Lebenserinnerungen von W. J. Stein" - Manuskriptdruck). Diesen Hintergrund sehen viele Menschen nicht, welche die Biografie des in Rudolf Steiner wieder verkörperten Thomas von Aquin verarbeiten, nicht klar genug. Im Mahāyāna-Buddhismus war im 1. Jahrhundert vor Christus das freiwillige Reinkarnationsversprechen fortan der ganzen Menschheit hilfreich zur Seite zu stehen, bereits vollständig "ausgereift".

Dennoch - keine Frage, wie Goethe in seiner Zeit als Universalgenie der Dichtkunst gefeiert wurde, so enthüllte sich dem tiefer schauenden Geist in Rudolf Steiners Größe das erste Mal in der abendländischen Geistesgeschichte dieser Dreiklang einer Reinkarnationslinie, die soweit es Steiner selbst überblickte, keine spezifisch asiatische Inkarnation im Kulturkreis Krishnas und Buddhas durchlebt hatte. Dennoch war Steiners Geistanlage universalistisch in der Lage Wissenschaft, Kunst, Religion und Esoterik einheitlich zu durchdringen. Und obwohl Rudolf Steiner in seiner Zeit das weltweit größte praktisch ausgerichtete Kulturkunstwerk hinterließ, wurde er von seiner und von der späteren Zeit nur an der Oberfläche, als "buntes Genie", gefeiert. Auch hier sah die spätere Zeit nicht, dass Steiner, als "buntes Genie" gewöhnlich wohl nicht über die Erdung verfügt hätte, wenn er nicht der wieder verkörperter Geist des Aristoteles gewesen wäre. Ich gehe in meinem neuen Buch auch darauf ein, was Goethe über Aristoteles geäußert hatte. Wir können es uns erst heute im Rückblick bescheiden bewusst machen, dass es niemand anderes, als der in Rudolf Steiner wieder verkörperte Aristoteles war, der die von Kant geforderte Neuorientierung von der theoretischen in die praktische Philosophie, nicht nur in der Philosophiegeschichte seiner Zeit, sondern bis hinunter in die weltliche Alltagspraxis in vielseitigen neuen Kulturimpulsen umsetzten konnte. Eine Lebensleistung die in der bisherigen abendländischen Geistesgeschichte beispiellos ist.

Wäre da nicht der in Rudolf Steiner wieder verkörperte Thomas von Aquin gewesen. Der dem naturwissenschaftlich und psychologisch interessierten Zeitgeist eine neue, esoterisch-geisteswissenschaftlich orientierte Christologie hinterlassen hatte. Diese stammte tatsächlich von dem wieder verkörperten Thomas von Aquin, konnte aber nicht von dem damaligen Zeitgeist vorbehaltlos aufgenommen werden. Die Psychologie war nicht Rudolf Steiners "Ding". Freud wollte das unbewusste Tierische im Menschen enthüllen, dagegen wollte Rudolf Steiner erneut die menschliche Seele vergeistigen und sie auch in der Moderne, wie im Mittelalter die Dominikaner, auf einen neuen, geisteswissenschaftlich fundierten Schulungsweg mitnehmen: "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten". Gleichzeitig war Steiner damals auf nahezu allen künstlerischen Gebieten experimentell tätig - und im spirituell-ästhetischen Feld wohl der weltweit begabteste Vortragskünstler seiner Zeit. In seinen besten Jahren war er jedes Jahr etwa in 8 Ländern und 40 Städten unterwegs und hielt im Schnitt pro Jahr etwa 200 Vorträge, neben allen anderen Impulsen die er dazwischen noch zu erledigen hatte.

In vielen dieser Vorträge finden wir Motive aus Goethes Märchenbildern wieder. Überblickt man die neue Christologie insgesamt, erkennt man nicht Steiners neue esoterische Christologie, sondern Goethes universelle "Märchen"-Quelle enthält den reinen, weiblich inspirierten Innenbezug zu Asiens ursprünglicher Weltinspiration. Der "Alte mit der Lampe" ist zweifellos eine Art "europäischer Ādi-Buddha". In diesem Zusammenhang hatte Rudolf Steiner die zum Opfer bereite "grüne Schlange" in der realen Wirklichkeit in der Zeitwende in dem "Opfer" Jesus von Bethlehem-Zarathustras wiederentdeckt, in dem er den am weitesten entwickelten Vertreter des "geisteswissenschaftlichen Weges" gesehen hatte. Und der durch das Verlassen seines Körpers im 30. Lebensjahr Christi Inkarnation bei der Taufe erst ermöglicht hat. Der von Steiner genannte "mystische Entwicklungsstrom" von Buddha und Krishna spielten bei dieser Vorbereitung deutlich eine sekundäre Rolle. So ist es typisch, dass Steiner das "Opfer" der "grünen Schlange" mit dem "Opfer des Zarathustra" in der Zeitwende identifizierte, aber zunächst unerwähnt ließ, dass Goethe mit der Gestalt der "schönen Lilie" (das intellektuelle und spirituelle Bewusstsein der Menschheit) mit ihren "Dienerinnen" (Bewusstseinszustände der Menschheitsentwicklung) erneut eine moderne Variation der "transzendentalen Spiele" Krishnas, mit 16108 himmlischen Gemahlinnen, aufleben ließ. Womit ein weiteres, tiefgreifendes Problem verbunden ist.

Denn in Steiners Christologie liegt zweifellos durch die Überbewertung der Bedeutung Jesus von Bethlehem-Zarathustras eine wissenschaftlich nicht mit vollziehbare Unterbewertung des "mystischen" Entwicklungsstromes vor! Sie kommt nicht nur dadurch zum Ausdruck, dass Steiner bereits mit 30 Jahren dem Philosophen Eduard von Hartmann gegenüber geäußert hatte, dass er ein "Feind aller Mystik" sei, sondern in späterer Zeit hatte er von der Bodhisattva-Individualität Zarathustras etwa 20 Inkarnationen mitgeteilt, von dem Avatar Krishna nur eine einzige. Dabei handelt es sich um die 8. Verkörperung Vishnus, der als reiner, kosmischer Urmensch, ähnlich der kosmischen Anthropozentrik Goethes, selbst in trinitarischer Gestalt erscheint. Als Kāranodakaśāyī-Vishnu ist er der Schöpfer aller materiellen Energien im Kosmos, als Gharbodakaśāyī-Vishnu geht er in alle Universen ein und erschafft in ihnen die Mannigfaltigkeit. Als Ksirodakaśāyī-Vishnu ist er die alldurchdringende Überseele (Paramātmā) und spiegelt sich als transzendentes Ich im Herzzentrum jedes Individuums. Die Krishna-Verkörperung war eine Verkörperung dieses Mahā-Vishnu. In Asiens 10- bändige Śrīmat-Bhāgavatam-Literatur teilt über 20 solcher Inkarnationen mit. Teils mit den Namen der Eltern und der Verwandtschaft, in deren Linie sich Vishnu inkarniert hatte. Gegenüber der offensichtlichen Bevorzugung der Bodhisattva-Linie Zarathustras (dem wie Steiner formulierte, "geisteswissenschaftlichen Weg") hätte Rudolf Steiner, wenn er in der Tat wichtigste Trägerinstanzen aus dem Buddhismus und Hinduismus in die neue esoterische Christologie als Vorbereiter Christi integrieren wollte, zweifellos nicht nur auf die Krishna-Inkarnation sondern auch auf die anderen Inkarnationen näher eingehen müssen. Wir haben es mit einer universell flexiblen Linie unzähliger Bodhisattvas (Inkarnationen mehr "von unten nach oben") und Avataren (Inkarnationen mehr "von oben nach unten"), zu tun. Im klassischen Hinduismus unterscheidet man bereits in der populären Literatur etwa fünf Kategorien von unterschiedlichen Avataren.

In diesem ganzen Zusammenhang hatte Rudolf Steiner Viśvakarman mit Christus identifiziert. Dagegen ist in der Literatur des Śrimat Bhāgavatam Viśvakarman einer der Urväter (prajapati). Auch von ihm werden die Namen seiner Mutter, Ehefrau, Töchter und Söhne angeführt. Als Halbgott steht er unter Brahmā und ist für die "Ingenieurskunst der Architektur", und besonders für die "Mechanik" zuständig. Er baut Häuser, Paläste, fertigt "Donnerkeile" und stellt "Streitwägen" her. Als solcher trat er wieder in der "Apokalypse des Johannes" in Erscheinung. Aus diesem Grund überwiegen in dieser Vision die einseitig männlich geprägte Gegensätzlichkeit von Intelligenz und Macht. Die Liebe tritt in den Hintergrund. Ein Jahrzehnt nach dem Tod Thomas von Aquins erschien eine zentral bedeutende Vishnu-Inkarnation im gegenwärtigen Kali-Yuga-Zeitalter. Nach den Schriften des Śrimat Bhāgavatam offenbarte diese Inkarnation der indische Weise Caitanya Mahāprabhu (1486 n. Chr., siehe "Erster Canto, S.3) mit goldener Körpertönung (Weisheit und "grundlose Barmherzigkeit"). Während seiner bescheidenen Haushältertätigkeit offenbarte er eines Tages seine Pūrna-Avatar-Inkarnation. Er lehrte, dass aus der Liebe zu dem transzendenten Ursprung der Schöpfung (prema) die Liebe zu allen Wesen entsteht. Eines Tages pflanzte er im Hof Śrīnivāsans einen Samen in den Boden. Auf der Stelle begann ein Sprößling daraus zu wachsen. Nach kurzer Zeit war ein voll ausgewachsener Mangobaum entstanden, voll mit Früchten.

Überblickt man die altjüdische Literatur als Vorläufer der Inkarnation Christi, erkennt man, dass die "Apokalypse-Vision des Johannes" geistig-inhaltlich fundamental im "Alten Testament" wurzelt. M.E. gibt es keine objektiv mit vollziehbare Möglichkeit auszulegen, dass das israelische Volk und sein Volksgott Jehova-Elohim nur bis zur Zeitwende die Aufgabe gehabt hätte, die Inkarnation Christi vor zu breiten. Die Johannes-Vision wurde von Rudolf Steiner als "echt" beurteilt. Der überlieferte Text enthüllt Christus in den letzten beiden "Sendbriefen" (dem "6.und 7. Sendbrief") unzertrennlich, sowohl mit der "Wurzel des Geschlechts Davids", als auch mit seinem "himmlischen Vater" Jehova - Elohim, verbunden. Indem Rudolf Steiner seine neue Geschichtsphilosophie über die "Johannes-Offenbarung" auf dem extremistischen Geist des "Alten Testaments" aufbaute, hatte er den geistigen Absolutismus der Katholischen Kirche mit den beiden esoterischen Themen von Reinkarnation und Karma auf einen noch höheren Gipfel geistiger Weltautokratie erhoben, als ihn bereits Thomas von Aquin im Mittelalter errichtet hatte.

In dieser überaus trächtigen Entwicklungsanlage der Goethe'schen Märchenbilder wird uns die gesamte Christologie Rudolf Steiners, einschließlich der Integration wichtigster asiatischer Trägerinstanzen, als Vorbereiter der Inkarnation Christi, umfassend transparent.

Hören wir Steiner selbst: "Es war etwa im Jahr 1889, da trat zuerst an mich das innere geistige, spirituelle Gefüge von Goethes Märchen von der grünen Schlange und der Schönen Lilie heran. Und da war es zuerst, wo gewissermaßen die Anschauung eines größeren Zusammenhanges, weiteren Zusammenhanges, als er in dem Märchen selbst gegeben ist, an mich herantrat" (Vortrag vom 9.5.1924) Diesen Zusammenhang erweiterte der knapp 30 jährige Rudolf Steiner nach etwa 20 Jahren so weit über Goethe hinaus, dass Goethe selbst wohl über alle Maßen erstaunt gewesen wäre, wie weit man sich inzwischen von seiner Ursprungsintention entfernt hatte. Während Goethe selbst zu seinem Märchen durch sinnliche Wahrnehmungen bei einem Spaziergang jenseits des Saaleufers bei Jena angeregt wurde, erklärte Steiner für Außenstehende nicht mit vollziehbar, dass Goethes Inspiration als das Ende eines in der geistigen Welt vollzogenen "imaginativen Kultus" entstanden wäre. In diesem sei es um den "paradiesischen Ursprungszustand", um den "Sündenfall" und um "Christi Erlösungstat auf Golgatha" gegangen: "Was da durchsickerte - auf Goethe machte es einen bestimmten Eindruck, kam in Miniaturbildern bei ihm durch". Wir erkennen, Steiner verortete Goethes "Märchen" immer wieder im Tiefenstrom seiner Thomas von Aquin-Inkarnation. Ich bin mir sicher, dass nicht Steiners Märchenauslegungen hin zu einer neuen christlichen Esoterik, sondern seine exoterische Märchenauslegung von 1918 Goethes universalästhetische Weltoffenheit am besten getroffen hatte.

Gehen wir kurz auf das "Märchen" selbst ein, erkennen wir Steiners gesamte Christologie wieder. Er identifizierte den chaotisch konstituierten „gemischten König" mit der in "tiefem Schmerz" leidenden Menschheit (siehe Goethes Charakteristik des "Jünglings"). Sie war für den frühen Rudolf Steiner bis zu der Endzeit der Apokalypse-Verheißung des Johannes (bei Steiner die nächste "Jupiter-Verkörperung" der Erde) der „Führung“ Christi unterstellt (im Märchen "der Alte mit der Lampe"). Die "Weisheit" des ersten, reinen „goldenen Königs“ verwandelte er in das für ihn absolut „einmalige“ Auferstehungs- Phänomen Christi auf dem Planeten Erde. Welche mit dem in Jesus von Bethlehem wieder verkörperten Zarathustra und Nachfolger des historischen Buddha einen Prozess einleitete, in dem Christus den physischen Körper des ersten, sterblichen Adam, in ein neues, „unsterbliches Geistgewebe“ transformiert hat. Die „Schönheit“ und „Frömmigkeit“ des „silbernen Königs“ erscheint bei Steiner als die zweite Offenbarung, die jederzeit zur zwischenmenschlichen Begegnung bereite zukünftige Erscheinungsweise Christi in der "ätherischen Welt". Der „eherne König“ der "Gewalt" vermittelt die durch Jehova-Elohim in der Apokalypse des Johannes im "5. Sendbrief" auf Christus übertragene "Macht" jederzeit unangekündigt "über" das zukünftige Schicksal jedes einzelnen Weltbürgers entscheiden zu können (siehe dazu die extremistische Geisteshaltung des Johannes, Joh.3,18). In diesem Inspirationsstrom hatte der in Rudolf Steiner wieder verkörperte Thomas von Aquin, wie im Mittelalter, Christus erneut als ein „übermenschliches, makrokosmisches Ich“ zum "zentralen Menschheitsereignis" auf dem Planeten Erde erhoben. Dazu sehen wir uns in diesem Zusammenhang die große Bedeutung von Steiners "Meister" für die gesamte Ausgestaltung der neuen esoterischen Christologie an. Ohne diese Zusammenhänge tiefgreifend zu verarbeiten, kann man die neue esoterische Christologie des in Rudolf Steiner wieder verkörperten Thomas von Aquin nicht verstehen.

Bereits in den darauffolgenden Jahrzehnten erschien im Westen der 14. Dalai Lama aus dem Mahāyāna-Buddhismus. Die neue Qualität spiritueller Alltagspraxis mündete von Asien aus zu keiner Zeit in Steiners neue esoterische Christologie ein, - sondern in der heutigen Zeit bietet der Buddhismus der modernen Alltagspraxis im Westen die universellen Prinzipien einer "spirituellen Psychologie" an. Goethe ließ den "Alten mit der Lampe" in den Westen entschwinden. Ich sehe darin den heutigen Zeit-Impuls einer aus der spirituellen Erkenntnistheorie gewachsenen, vereinigten Erkenntnispraxis zwischen Ost und West und die daraus entstehende Vertiefung unserer emotional-spirituellen Intelligenz. Ich gehe auch im Verlauf der Texte dieser Homepage näher darauf ein.
Das in diesem Jahr 90 Jahre alte tibetische Oberhaupt wirkt aus der Inspirationsquelle des dem Westen zugeordneten Zeitgeistes Amitābha (das "Licht des unterscheidenden Schauens") und dessen Dhyani-Bodhisattva Avalokiteśvara (ein Erzengel des universellen Mitgefühls). Für die heutige Zeit fordert der 14. Dalai Lama eine „säkulare Ethik", jenseits von Weltreligionen und Esoterik. Ethik sei wie "Wasser". Für alle Menschen sei die Sphäre vor dem urteilenden Denken in Form von Achtsamkeit, Mitgefühl und Fürsorge unmittelbare Lebensquelle. Dagegen seien Religionen, zu denen zweifellos auch die neue esoterische Christologie gehört, mit spezifischen Lehren vermischt, wie "Tee". In diesem Sinn inspiriert der 14. Dalai Lama den Westen heute mit der neuen zwischenmenschlichen Spiritualität der asiatischen Bodhisattva-Kultur von Selbstlosigkeit und Liebe. Indem er vor einiger Zeit zum Beispiel in den öffentlichen Medien Mao Zedong als seinen "Lehrer" bezeichnete. Man stelle sich vor, Rudolf Steiner hätte die theosophische Leitung, nachdem sie für ihn vollkommen falsche Vorstellungen über den geistigen Rang von Krishnamurti verbreitete, als seine Lehrer*innen betrachtet. Etwa so groß ist der Unterschied zwischen einem leitenden Bodhisattva im Mahāyāna-Buddhismus und dem westlichen Geistesforscher Rudolf Steiner, um die Jahrhundertwende gewesen.

Gleichzeitig erkennen wir heute klar, dass man in einer modernen, integralen Spiritualität den weiblichen- und den männlichen Pol, die beiden grundlegenden Fähigkeitsanlagen des menschlichen Ichs von Selbstlosigkeit und Liebe zu unserer aller inneren und äußeren Freiheit auch vor 125 Jahren im Westen nicht dadurch neu inspirieren konnte, dass man eine geisteswissenschaftlich orientierte Christologie installierte, die sich mit der Katholischen Kirche im Glauben und mit der neuen anthroposophischen Christologie in der geisteswissenschaftlichen Esoterik zusammen über alle Geistesströmungen auf dem Planeten Erde stellt. Derartige Gebäude nimmt jeder wache und seine innere Freiheit schätzende Weltbürger*in in unserer Zeit bereits mit mitgebracht erfahrener Transparenz, sogleich von außen wahr,- man will sich nicht mit einer Weltanschauung näher beschäftigen, die sich fremden, transzendenten Instanzen unterstellt. In diesem Zusammenhang ist es überaus interessant, dass Steiner noch in seiner Zeit vehement einforderte, die Geistesströmungen auf dem Planeten Erde müssten sich der "Führung Christi" unterstellen. Im Jahr 1933 betrat dazu im extremistischen Gegenpol der weltliche "Führer" Adolf Hitler die Weltbühne. Goethes "Märchen" lehrt in beiden Fällen nicht das "Herrschen" aus der Intelligenz der Macht (siehe dazu den 5. Sendbrief der Apokalypse und Steiners Apokalypse-Auslegung von 1908), sondern die innere Selbstlosigkeit, die wir aus dem geistreichen Leben auf den "Inseln der Vernunft" empfangen (vor allem der große Schatz an Spiritualität aus der klassisch-idealistische Geistesepoche). Daraus entsteht für jedes Individuum die keimkräftige Liebe zu unserer aller inneren und äußeren Freiheit. Die wir später im sozialen Organismus selbstständig und frei weiterschenken. Jede spirituelle Bewegung in Mitteleuropa die ihr Weltbild auf äußere Autoritäten gründete, hatte von ihrem Ursprung an keinerlei Chance weitere Kreise von Menschen zu inspirieren. Auf der Ebene von unterschiedlichen Geistesauffassungen und der auch im Handlungswillen Steiners vollzogenen Distanzierung vom östlichen Okkultismus war es nur eine Frage der Zeit, wann sich Anthroposophie und Theosophie voneinander trennen.

Das neue Feld übernimmt in der heutigen Zeit die asiatische Spiritualität mit ihrem Grundbegriff der "Leere", aus der "zweiten Drehung" des buddhistischen Dharma-Rades, dem transzendentalen Ich, vor dem Denken. Die neue spirituelle Quelle flüstert: "Geist ist leer von Geist": Nicht nur das Ich entwickeln, sondern aus dem lebendigen Chaos des Schöpferischen der Leere begegnen - sie aufnehmen - sie aushalten - in ihr achtsam leben können. Ganz anderes blüht aus der universellen Weite des Geistes plötzlich keimhaft auf. Was sagt der "Alte mit der Lampe" in der höchsten Not der "grünen Schlange"?: "Ob ich helfen kann, weiß ich nicht...". Diese Kindheitsoffenheit kann der Westen heute von Asien wieder lernen. Das weltoffene Bewusstsein des 14. Dalai Lama entwickelte sich im Lauf von annähernd 2500 Jahren buddhistischer Geistesschulung in Achtsamkeit, Mitgefühl und Fürsorge. Er blickt in seiner persönlichen Entwicklung bis auf das Jahr 1351, und von dort aus bis zu einem Brahmanen-Jungen in die Zeit Buddhas zurück. Sein Bewusstsein steht lebendig zwischen den Welten. Er ist für die ursprüngliche Hellsichtigkeit der Menschheit genauso offen, wie für die neuesten physikalischen Forschungsergebnisse. Dann stehen wir nicht im Intellekt nach dem Denken, außerhalb, im "bloßen Ich", in dem sich Waldorfeltern im Elterngespräch von den Lehrer*innen von außen, moralisch beurteilt fühlen, sondern mitten drinnen, in der lebendigen Quelle des transzendentalen Ichs. Hier entstehen im freien, schöpferischen Geist fortwährend hilfreiche Ideen und neue Impulse. Manchmal begegnen sich im Buddhismus Mönche - der eine spricht mit dessen Namen den anderen an. Obwohl er ihm in dieser Inkarnation noch nicht begegnet ist. Danach lachen beide - und tauschen Erinnerungen aus.

In früher Jugend erlebte ich in Vielem, dem ich von anthroposophischer Seite aus begegnete, einen Schatten. Später wurde er mir, bis in die Christologie der anthroposophischen Esoterik hinein, immer bewusster. Steiners größtes Verdienst liegt vielleicht in dem Impuls, das Geistige ernst zu nehmen – in Freiheit. Doch gerade diese Freiheit fordert heute ein neues Bemühen sich von jeglichem, auch von anthroposophischem Konformismus zu befreien - eine neue Offenheit gegenüber kulturellen Grenzen - mehr Selbstkritik gegenüber der eigenen Gesinnung - vor allem die Erkenntnis, dass echte Universalität bereits durch die eigene Ratio möglich ist - und mehr universalästhetisches Lauschen auf das, was jenseits der eigenen Intentionen aufleben will.

OHNE EIN GRÜNDLICHES ASIENSTUDIUM KANN MAN STEINERS
CHRISTOLOGIE NICHT DURCHSCHAUEN!

In den meisten traditionellen Geistesströmungen im Westen lebt keinerlei differenziertes Erfahrungsbewusstsein davon, dass jede menschliche Geistseele nach dem Tod ihre eigene Auferstehung in vollkommen unterschiedlichen Entwicklungen und Bewusstseinsstufen durchläuft. Im Abendland hat sich die innere Haltung des Evangelisten Johannes durchgesetzt. In "Joh. 3, 18" zwingt er Menschen zum „Glauben“. „Wer nicht glaube“, sei schon im weltlichen Dasein „gerichtet“. Mit dem gleichen extremistischen Bewusstsein hatte Johannes damals auch die Nachfolger des Evangelisten Thomas öffentlich diskreditiert.

Frau Besant hatte vollkommen Recht, wenn sie von ihrem deutschen Generalsekretär Rudolf Steiner folgendes Bild wiedergab: „Dr. Steiners Schulung ist von der unsrigen sehr verschieden. Er kennt den östlichen Weg nicht. Daher kann er ihn auch nicht lehren. Er lehrt den christlich-rosenkreuzerischen Weg, der für manche Menschen eine Hilfe, aber von unserem verschieden ist. Er hat seine eigene Schule und trägt auch selbst die Verantwortung dafür. Ich halte ihn für einen sehr guten Lehrer in seiner eigenen Richtung und für einen Mann mit wirklichen Erkenntnissen. Er und ich arbeiten in vollkommener Freundschaft und Harmonie, aber in verschiedenen Richtungen“ (Brief an Hübbe Schleiden vom 6.6.1907).

Dass es auch in Asien das Thema Auferstehung bedeutender Meister gibt, ist weder in Europa, noch in der anthroposophischen Bewegung (mit konkreten Beispielen) näher bekannt. Wenn wir auch diese Quellen eingehend studieren, erkennen wir, dass sie den Schilderungen der christlichen Überlieferungen und den Ausführungen der anthroposophischen Geisteswissenschaft in nichts nachstehen - im Gegenteil. Die asiatischen Überlieferungen sind insgesamt wesentlich reichhaltiger und vielseitiger an konkreten biografischen Beispielen. Stattdessen finden wir in Steiners Vortragszyklen eine ganze Anzahl von Aussagen gegenüber östlicher Weisheit, in denen sich immer wieder das westliche Überlegenheitsgefühl ausbreitet – eine Haltung, die einem wahrhaft universellen Geist fremd ist.

So erscheint das "verpackte Goetheanum" als ein realistisches Bild für den inneren Abstand des gegenwärtigen Zeitgeistes von der esoterischen Christologie des in Rudolf Steiner wieder verkörperten Thomas von Aquin. Meditieren Sie die einzelnen Vortragsstellen, wie sich an diesen Stellen Rudolf Steiners Seele um die offene, freigeistige Inspiration Goethes herumwand! Goethes "Märchen" lehrt statt "göttlicher Gesetzlichkeit" und göttlicher "Macht" die "bildende Liebe"(siehe dazu den "4. Sendbrief", in dem die Liebe erneut die dritte Geige hinter der Verurteilung der Vergangenheit und der Bedrohung der Zukunft spielt). Steiners Esoterik stellte im letzten Vortrag seines Zyklus über die "Apokalypse des Johannes", der Menschheit auf der Venus-Stufe (die 6. planetarische Entwicklungsstufe) noch einmal die Aussicht auf eine "aller letzte, unabänderliche Entscheidung", dass sich die Menschheit doch noch zum Guten wenden möge. Danach scheint die menschliche Freiheit endgültig beendet. Derselbe Geist vereinnahmt in diesem Fahrwasser nach wie vor wichtigste asiatische Trägerinstanzen zu Vorbereitern der Inkarnation Christi. Er bestätigt über die Fähigkeiten des Aristoteles und Thomas von Aquins hinaus, erstmals im Abendland in dieser Größe, realistisch überprüfbar, tatsächlich in vollem Umfang Steiners neue Erfahrung der Wirklichkeit von Reinkarnation und Karma. Und er erhebt gleichzeitig - ähnlich wie die Katholische Kirche in den Weltreligionen mit Rudolf Steiner und seinem Vortragserbe zusammen - die neue christliche Esoterik erneut zur obersten Geisteswissenschaft auf dem Planeten Erde.

Wir wissen heute, dass der Apostel Paulus und der Evangelist Johannes, zwei zentrale Säulen der anthroposophischen Esoterik, einst in der weltlichen Wirklichkeit, geistige Extremisten gewesen sind. Paulus trat vehement dafür ein, dass Frauen weder in „weltlichen“ noch in „geistigen Angelegenheiten“ "über" dem Manne stehen sollen. Steiner selbst stellte sogar noch seine "Philosophie der Freiheit" auf "paulinische Basis". Auch Johannes der Evangelist - der nach Steiner als Lazarus und Christian Rosenkreuz der "eingeweihteste Christ des Abendlandes" sei, diskreditierte Nichtgläubige, die ihre Lebensweisheit nicht aus dem "Glauben an Jesus Christus", sondern aus eigener Erfahrung gewinnen wollten. Dagegen war in der vorchristlichen Zeit in Indien bereits in der 7. Verkörperung Vishnus als "Rama" (Skt. "die Quelle aller Freuden") ein spiritueller Impuls vorhanden, der eine menschliche Grundproblematik, die Trennung zwischen Priestern (weiblich) und Kriegern (männlich), klar durchschaut hatte. Entsprechend führte "Rama" in dieser Inkarnation mit seiner Frau "Sītā" ein vorbildliches Eheleben "unverbrüchlicher Treue", auf Augenhöhe.

“INTERKULTURELLE SEKTION“?

So steht die Gesellschaft in Dornach heute vor der Frage: Will die anthroposophische Spiritualität an diesem Asienbild festhalten und weiterhin geistige Inhalte in Vortragszyklen auf Papier oder in E-Book-Form im Umlauf halten, deren Gehalt in zentralen Inhalten nicht der realen Wirklichkeit entspricht? Die Zeit ist abgelaufen, dass man es einer sich "spirituell" nennenden Weltgesellschaft abnimmt, sich intern als höchsten Gipfel des christlichen Weltbildes auf dem Planeten Erde zu sehen, welche wichtigste Trägerinstanzen Asiens als Vorbereiter der Inkarnation Christi in die eigene Lehre integriert hat und gleichzeitig in der aktuellen Gegenwart anhand von Steiners Vortragszyklen, vor allem den traditionellen Buddhismus weiterhin kategorisch diskreditiert. Steiners komplizierte absolutistische Christologie ist schon längst einer der Hauptgründe, warum anthroposophische Esoterik in den europäischen Bücherregalen verschwunden ist - und aktueller Literatur über die spirituelle Alltagspraxis Im Buddhismus, in der "buddhistischen Psychologie" und anderen asiatischen Impulsen Platz gemacht hat. Der geistige Anspruch, "spirituelle Weltgesellschaft" sein zu wollen, kann auf diese Weise in der heutigen Zeit kein den Zeitgeist inspirierendes Weltformat mehr vorleben, sondern hält statt dessen in Form einer Art öffentlichem Antiquariat weiterhin Steiners überholte Asienlehre in Umlauf! Dagegen könnte sich die Anthroposophie heute mit einer neuen weltlichen Inspiration zusammen mit Buddhismus und Hinduismus zu einer neuen spirituellen Praxisgemeinschaft verwandeln, die gerade auf dieser Ebene das Herz der Menschheitsentwicklung neu zum Schlagen bringt. Der moralisch-ethische Zusammenhang der hier karmisch vorliegt, ist vielen Anthroposophen in unserer Zeit keinesfalls bewusst. Ohne einen, nicht geistigen, sondern tatkräftigen, versöhnlichen Willensimpuls, wird man eine christlich inspirierte Kultur in Zukunft geistig interessierten Mitteleuropäern noch weniger zugänglich machen können, als es gerade in den traditionellen christlichen Kirchen in Mitteleuropa geschieht - sie verlieren kontinuierlich ihre Mitglieder!

Hier liegt die aktuelle Brisanz im gegenwärtigen Kali-Yuga-Zeitalter. Wenn sich in einer Zeit des weltweiten Klimawandels durch fortschreitende Zerstörung der Naturgrundlagen auf dem Planeten Erde Autokratien und Demokratien bewusst gegeneinander-miteinander gegenüber stehen - und in den nationalen Parlamenten genauso bewusst die Parteien miteinander-gegeneinander kämpfen, ist der kollektive Geist der Menschheitsentwicklung auf Zwergen - Größe zusammengeschrumpft. Auf welche Weise ist eine spirituelle Weltgesellschaft heute bereit, die geschichtliche Tiefe und geistige Kraft asiatischer Traditionen mit neuem spirituellen Engagement an Goethes weltoffene "Märchen-Brücke" anzuknüpfen und sich für Asiens Zukunft mit hilfreichen Projekten aktiv einzusetzen? Dazu gehört als erstes eine praktische Inspiration zur aktuellen Not- und Entwicklungshilfe für Tibet. Ich gehe zweifellos davon aus, dass sich die anthroposophische Gesellschaft in der Schweiz aus diesem Dilemma mit neuer spiritueller Substanz befreien würde, wenn sie sich heute dazu entschließen könnte, eine neue Sektion für "interkulturelle Spiritualität" (eine neue Ehe zwischen Hinduismus, Buddhismus und Christentum, ohne überhebliche Esoterik) aufzubauen. Und dazu bereit ist, auch tatsächlich zur Wiedergutmachung vieler esoterischer Unmöglichkeiten in Steiners Schriften gegenüber Asien, einen praktisch inspirierten Kulturaustausch aufzubauen.

Zurzeit berichtet das buddhistische Kailash-Zentrum in Freiburg, dass tibetische Nonnen mit einer 25-jährigen Berufsausbildung in diesem Jahr in Europa im Bereich der Pädagogik Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern wirksame Hilfen anbieten, die schwierige Phase der Pubertät gut zu bewältigen.

RUDOLF STEINERS BIOGRAFIE BEWEIST
DIE WIRKLICHKEIT REINKARNATION

100 Jahre nach seinem Tod enthüllt das neue Buch zuallererst die weltliche Leistung Rudolf Steiners. Sehen Sie mir es bitte nach, dass ich meine Steiner-Kritik an dem anthroposophischen Asienbild zunächst an den Anfang stellte. Denn Aufgabe der heutigen Zeit ist es, das alte Bild des "Alleswissenden" Rudolf Steiner endgültig "vom Sockel zu stoßen", um dem sich entwickelnden Rudolf Steiner im fortschrittlichen Zeitgeist auf Augenhöhe neu begegnen zu können.

Man kann tatsächlich sagen, Steiner war wohl der erste große Geist im Westen, der eine Biografie vorlebte - in der man bereits auf der empirischen Forschungsspur zweifelsfrei erkennt, dass Thomas von Aquin und Rudolf Steiner das gleiche Individuum ist. Ein im heutigen Europa noch keinesfalls erkanntes, offen gewürdigtes und unschätzbar kostbares Geschenk, auch im Westen die Wirklichkeit Reinkarnation konkret einschätzen zu können! Dabei beleuchten wir bereits in einer ersten Stellungnahme die angedeuteten Fragen im Licht einer zukünftigen Ost-West-Synthese moderner, integraler Spiritualität – und laden in der Rubrik “Angebote“ zu offenen Begegnungen und zu einem gemeinsamen Austausch ein, jenseits aller Mythisierung, im Geist lebendiger Forschung.